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Und jährlich ruft die Wüste…

ABC/J-Blog zur Exkursion in das Sultanat Oman

Vom 24. Februar bis zum 10. März 2019 tauschen Studierende der Geowissenschaften und Geographie aus Aachen, Bonn und Köln wieder den Hörsaal gegen die Wüste! Hier bloggt Exkursionsteilnehmerin Michaela Falkenroth zu interessanten Themen und Erlebnissen im Oman.

Auf Wiedersehen Oman, es war uns ein Fest

12. März 2019

Wir sind wieder da. Die Heimreise war für viele von uns turbulent (in einigen Fällen wortwörtlich, in anderen metaphorisch), aber jetzt ist es geschafft. Ich habe nicht nur in irgendeinem Bett geschlafen, sondern in meinem, habe Kleidung an, die nicht vor Dreck steht, bin gewaschen, getrimmt und gepudert. Der Unterschied ist scheinbar so groß, dass mich einer der Exkursions-Buddies heute Morgen auf dem Flur nicht erkannt hat (danke L.).

Wie immer, wenn man von einer längeren Reise heimkehrt fühlt man sich etwas deplatziert im eigenen Alltag. Die Eindrücke, die in einem Augenblick so überwältigend sind, verblassen erschreckend schnell und plötzlich fragt man sich ob es wirklich so warm war oder ob der Staub in der Luft wirklich so viel ausgemacht hat. Auch nicht mehr permanent von 30 Menschen umringt zu sein, fühlt sich ungewohnt an. Damit uns allen und auch den fleißigen Lesern, die es bestimmt gibt, die Heimkehr etwas leichter fällt, noch ein letzter Blogbeitrag. Es geht um eine wichtige Frage: Warum ruft uns die Wüste jedes Jahr, auch dich, wenn du darüber nachdenkst dich für die nächste Exkursion zu bewerben?

Es gibt im Wesentlichen drei Dinge, die entscheiden ob eine Exkursion großartig ist oder eher so naja: Das Thema, die Leitung und die Gruppe. Über das Thema müssen wir fast nicht sprechen. Der Oman ist wie ein riesiges, palmenbewachsenes Geowissenschaften-Museum, was man sich dort ansieht, ist nicht die Frage, sondern was nicht. Das Land kommt mit der richtigen Mischung von Kulturschock und Unkompliziertheit daher, ist zivilisiert genug um bequem zu sein und wild genug für das eine oder andere Abenteuer („for real“ drive needed). Durch die Beschaffenheit des Geoverbundes sind die Exkursionsziele thematisch breit gefächert, Langeweile ist ausgeschlossen und nebenbei wird noch eine Schlüsselqualifikation vermittelt, nämlich interdisziplinäres Denken. Wer mir nicht glaubt und es noch nicht mit eigenen Augen gesehen hat, kann auf dieser Seite ein wenig nach unten scrollen und sich überzeugen lassen.

Unsere Exkursionsleitung, der Göschta, hat nicht umsonst einen Lehrpreis gewonnen, jeder was er kann eben und Lehre, das kann er. Noch dazu hat Gösta gefühlt jeden Stein im Oman mindestens einmal umgedreht (einfach so oder auf der Suche nach Skorpionen), weshalb es schwer ist eine Frage zu dem Land zu stellen, die nicht beantwortet werden kann.
Es hängt also, wie so oft, an der Gruppe. Was die Zusammensetzung der Teilnehmer angeht, kann man natürlich Glück oder Pech haben, bei den einen funkt es vielleicht sofort (Welches Team? Wildcats!) bei den anderen vielleicht niemals, das kann niemand vorhersehen. Trotzdem gibt es Rahmenbedingungen in denen die große Gruppenliebe eher gedeiht als in anderen. Als erstes braucht es eine gute Durchmischung des Substrats, das gelingt durch verschiedene Fachbereiche an verschiedenen Universitäten, aber auch durch tägliche Neubesetzung der Fahrzeuge und durch den obligatorischen Stuhlkreis beim Essen, Grüppchenbildung ausgeschlossen. Als nächstes braucht es einen täglichen Input an Herausforderungen. Nichts schweißt mehr zusammen als gemeinsam widrigen Umständen zu trotzen. Wild zelten im Nirgendwo bringt dabei naturgemäß mehr Widrigkeiten mit sich, als ein Zimmer in der Jugendherberge. Ihr lest richtig, ich verkaufe Sandstürme, Moskitoangriffe, Dreck und die Abwesenheit von Toiletten grade als großen Vorteil dieser Geländeübung.‘Fake it till you make it‘, sag ich da nur. Sollte all das nichts nützen bleibt immer noch die Haram-Box um dem Spaß auf die Sprünge zu helfen… braucht ihr aber nicht, versprochen.
Ihr seht also, es lohnt sich dem Ruf der Wüste zu folgen. Die Oman-Exkursion ist ein unvergessliches Erlebnis mit großartigen Menschen in einem wunderschönen Land.

Da kann man auch mal klatschen.

Über Wellen

09. März 2019

Strahlender Sonnenschein, azurblaues Wasser, eine tropische Küste, Korallenriffe und mit dem Speed-Boot zum Schnorcheln rausfahren: Das klingt stark nach Urlaub, ist es aber nicht, wir sind beruflich hier. Na gut, eventuell haben wir uns am letzten Exkursionstag nicht gerade überanstrengt, aber Lernen muss auch nicht immer anstrengend sein, manchmal lernt es sich eben am besten in Badehose.
Unsere Bootstour zu einer kleinen Inselgruppe vor Maskat startet von The Wave aus, einem surrealen Lifestyle-Viertel, das gerade in Flughafennähe aus dem Boden sprießt. Die dubaiartige Plastikwelt ist für Touristen gedacht und besteht aus Flaniermeilen, Malls, Restaurants und einem Jachthafen. Wenn man 14 Tage lang dieselbe Kleidung trägt und sich nur notdürftig wäscht, kommt man sich hier dezent deplatziert vor, steckste net drin. Zum Glück geht es schnell aufs Boot und raus aufs Meer, peinliche Berührtheit und Exkursionsmief wehen einfach im frischen Seewind davon, während das Boot über die Wellen fliegt.

© Sabine KummerThe Wave - ein surreales Lifestyle-Viertel
Copyright: Sabine Kummer

Am Ziel angekommen haben wir die Möglichkeit eines der diversesten und beeindruckendsten Ökosysteme, die dieser Planet zu bieten hat, hautnah zu erleben: Korallenriffe. Im Gegensatz zu ihrem fossilen Gegenstück, das wir bereits bestaunen durften, sind rezente Riffe farbenfroh und lebendig. Die Gewässer vor Omans Küsten bieten alles was eine Koralle sich wünscht: Flaches Wasser, Sonnenschein, Nähstoffe und vielerorts felsige Untergründe. Die Riffe sind gesund im globalen Vergleich, obwohl der menschliche Einfluss natürlich nicht ausbleibt. Tourismus ist der am schnellsten wachsende Wirtschaftssektor im Oman. Diese Entwicklung ist durchaus gewünscht, denn Öl und Gas sind endlich und schwankende Ölpreise auf dem Weltmarkt bringen das Sultanat immer öfter zum Straucheln. Nichtsdestotrotz kann Massentourismus, der gleich einem Heuschreckenschwarm alles auf seinem Weg verzehrt, nicht das Ziel sein. Unser Boot wirft seinen Anker mitten im Riff aus und verfehlt glücklicherweise die empfindlichen Korallen. Aber wie wahrscheinlich ist ein glimpflicher Ausgang, wenn in dieser Bucht hier erstmal 100 Boote liegen? Auch die Meeresschildkröten, denen wir zwischen den Korallen begegnen, sind sichtbar unbeeindruckt von einer Gruppe Studis, die ihnen beim Fressen zusieht. Aber wenn das erstmal hunderte Menschen am Tag sind? Wahrscheinlich ginge es den Meeresschildkröten mit ihrem Riff dann wie den Einheimischen mit dem Souq in Muthra, dem historischen Stadtkern Maskats: Sie meiden es.

© Michaela FalkenrothUnter azurblauem Wasser verbirgt sich ein beeindruckendes Ökosystem.
Copyright: Michaela Falkenroth

© Valeska DeckerDer Souq in Muthra ist bunt.
Copyright: Valeska Decker

Der Souq, den wir am Nachmittag besuchen hat eine lange Geschichte, die aktuell eine fragwürdige Wendung nimmt. Der Markt besteht aus einer schier endlosen Menge winziger Läden an engen Gassen, die unter orientalisch geschnitzten Holzdecken ihre Waren präsentieren. Die Luft ist schwer vom Weihrauch, die Farben und Eindrücke erschlagen den Besucher förmlich. Für westliche Touristen erfüllen sich hier Träume aus Tausendundeine Nacht, solange man nicht zu genau hinsieht. Unter den Ladenbesitzern findet man nur schwerlich jemanden mit omanischer Abstammung, gleiches ist wahr für die Waren, die hier verkauft werden.
Der touristische Traum vom arabischen Original zerplatzt in einer Rauchwolke aus günstiger Chinaware. Der Souq folgt damit der Nachfrage. Die meisten Touristen, die hier herkommen, sind nicht auf der Suche nach kultureller Authentizität, sondern nach günstigen Souvenirs, die irgendwie arabisch aussehen. Schade, hat der Oman doch so viel mehr zu bieten. Der durchschnittliche Kreuzfahrer lässt grade einmal drei Rial im Land bevor er wieder an Bord geht, das größte Stück des finanziellen Kuchens geht an Aida und Co und dafür gibt der Oman sein natürliches und kulturelles Erbe der Dekonstruktion preis. Die Zukunft wird zeigen, ob es dem Sultanat gelingt diese Entwicklung einzudämmen, unsere Exkursion hat zumindest bei uns ein Bewusstsein für das Problem geschaffen und das ist doch schonmal ein Anfang.

Als wir Muthra verlassen, versinkt gerade eine rote Sonne hinter Maskats Palmen, für viele von uns ist es das letzte Mal. Im Auto liegt ein Hauch Wehmut in der Luft. Wir freuen uns auf eine Dusche und ein Bett im Hotel, aber das Ende unserer Reise ist zum Greifen nahe. Was biste denn jetzt so? Es gibt doch noch das Abschiedsgrillen auf der Dachterrasse des East In!
Die Gruppe, die sich dort versammelt, sieht plötzlich ganz anders aus (riecht auch ganz anders). Mit einem kühlen Getränk stoßen wir an, auf zwei Wochen voller aufregender Erfahrungen, auf wertvolle Lektionen, auf Eindrücke, die wir hoffentlich nie vergessen, auf Gösta, der ein großartiger Lehrer ist und auf uns, weil wir einfach eine geile Gruppe sind. So. Eigenlob over.

Ma’a Salama
Michaela



Aufstehen! Es ist Bronzezeit

08. März 2019

Eine Nacht auf einer omanischen Farm zu verbringen hat zu mehreren Erkenntnissen geführt: 1. Das Krähen omanischer Hähne ist nicht konform mit Sonnenaufgang, sondern ereignet sich spontan, auch mal um 1 Uhr morgens und wenn einer kräht, ziehen alle anderen nach. 2. Frühzeitiges Hahnenkrähen stört nicht beim Schlafen, wenn man um 1 Uhr morgens immer noch im Pool planscht. 3. Viel mehr Farmen sollten Pools besitzen. Ach, denken sie groß, die Pooldichte auf dem Planeten sollte sich generell erhöhen, auf Farmen und außerhalb davon.

© Michaela FalkenrothMalachit - Kupfererz
Copyright: Michaela Falkenroth


Abgesehen von Gedanken zur internationalen Poolverteilung, beginnt man auf so einer Farm aber auch über die Ursprünge der Landwirtschaft nachzudenken. Warum haben Jäger und Sammler eigentlich begonnen sesshaft zu werden und welche gesellschaftlichen Veränderungen gingen damit einher? Die ältesten permanenten Siedlungen der Menschen haben alle etwas gemeinsam: Sie liegen an einem vom Monsun beeinflussten Flusssystem (haha beeinflusstes Flusssystem). Der Monsun ist ein sehr vorhersehbares Phänomen, jedes Jahr führt er zu starken Niederschlägen, die Flüsse wie den Nil oder Euphrat und Tigris über die Ufer treten lassen. Für die ersten menschlichen Siedler ist das gleichbedeutend mit einem jährlichen Düngeevent, das ihre Felder fruchtbar hält. Regelmäßiger Nährstoffeintrag und die Verfügbarkeit von Wasser ermöglichen es den Menschen Nahrung selbst herzustellen anstatt ihr permanent hinterherlaufen zu müssen. Sesshaft zu sein bedeutet auch mit anderen Siedlungen Handel zu treiben, es führt zu der Herausbildung von „Berufen“ und der Weiterentwicklung bestimmter Fähigkeiten. Eine der Wichtigsten ist die Gewinnung von Erzen aus Gestein und das Verschmelzen verschiedener Komponenten zu einem neuen Material, das sich besser als Stein eignet, um Waffen und Werkzeuge herzustellen: Bronze. Und damit bricht, dank der Landwirtschaft, ein neues Zeitalter an.

© Michaela FalkenrothDer Eingang zum Tagebau
Copyright: Michaela Falkenroth


Für die Herstellung von Bronze braucht man Kupfererz und davon hat der Oman reichlich, die Lagerstätten sind Teil des Ophiolit Komplexes, den wir in den letzten Tagen Stück für Stück seziert haben. Von der Kupfergewinnung in der Bronzezeit sind vielerorts Schlacke-Halden übriggeblieben, die eigentlichen Schmelzöfen und Tagebaue finden wir zwar nicht, aber man kann trotzdem Malachit sammeln. Rezenten Abbau von Kupfererz gibt es auch, wie ein stillgelegter Tagebau eindrucksvoll demonstriert. Für eine Förderung untertage wird von der Regierung des Sultanats allerdings keine Lizenz vergeben, während ein weiterer Ausbau als Tagebau nicht wirtschaftlich wäre, sodass der Großteil des Rohstoffs ungenutzt bleibt und der Tagebau ungestört in der Landschaft versauern darf. Renaturierung? Was ist das? Immerhin ein „Betreten Verboten“-Schild wurde platziert. Es zeigt sich, dass neugierige Geowissenschaftler davon nur bedingt ferngehalten werden.

© Michaela FalkenrothKissen-Lava
Copyright: Michaela Falkenroth


Die spektakulärsten Aufschlüsse des Tages gehen der Frage nach, wo das Kupfererz eigentlich herkommt und nehmen uns mit auf den Meeresboden. Die oberste Schicht des Ophiolits haben wir bisher nicht gesehen, sie entsteht wenn heiße Lava am Meeresboden austritt und schlagartig abgekühlt wird. Die Oberfläche des Basalts nimmt dann eine Struktur an, die man Kissenlava nennt, weil sie so gemütlich aussieht. Weniger gemütlich aber dafür sehr farbenfroh sieht der Black Smoker aus, den wir als letztes erklimmen. Black Smoker entstehen als Resultat der Interaktion von Meerwasser und Vulkanismus, die Wässer werden erhitzt und angereichert mit diversen Stoffen bevor sie als Hydrothermalquellen am Meeresboden austreten.
Erkaltet und auf den Kontinent verfrachtet, wie der Black Smoker, den wir heute ansehen, sind sie begehrte Lagerstätten für Erze. Neben dem wirtschaftlichen Interesse sind die „rauchenden“ Schlote aber auch biologisch spannend, denn sie sind besondere Biotope, an denen sich ein von Sonnenlicht unabhängiges Ökosystem beobachten lässt. Die Fundorte von Fossilien an Black Smokern lassen sich an einer Hand abzählen, dementsprechend begeistert sind wir von den Röhrenwürmern, die wir hier zu sehen bekommen.
Wurm-Begeisterung hin oder her irgendwann rufen der Pool und die Ziege im Erdloch, die heute zum Abendessen wieder ausgegraben wird. Das Gehirn geht übrigens an den Ehrengast und das ist nicht die Autorin dieses Blogs, Glück gehabt!

Ma’a Salama
Michaela

Willkommen in Candyland

7. März 2019

Spoiler Alert: Dieser Blogbeitrag wird ein wenig schwermütiger als die bisherigen. Das liegt wohl hauptsächlich an dem Ort, an dem ich ihn schreibe und daran, dass es schwer fällt die Beklemmung abzulegen, die hier von allen Besitz ergreift. Die Welt ist schon ein seltsamer Ort. Nicht selten möchte man die Augen vor ihr verschließen und gleichzeitig alles aufnehmen. Manchmal lauscht man den Geräuschen einer rauschenden Poolparty, während man unter einem riesigen Mangobaum sitzt und kann den bitteren Geschmack auf der Zunge trotzdem nicht runterschlucken.

© Michaela FalkenrothFrühling in der Bergoase.
Copyright: Michaela Falkenroth

Der Tag heute steht im Zeichen der omanischen Landwirtschaft und fängt eigentlich sehr schön an. Noch sind wir in den Bergen. Eine Kolonne weißer Landcruiser schlängelt sich eine Serpentinen-Piste hinauf und gleicht dabei Perlen auf einer holprigen Schnur. Ziel ist eine der zahlreichen Bergoasen des Landes: Wakena. Hier oben ist es kühl und grade so wie man sich einen sonnigen Frühling vorstellt. Das Tourismusministerium hat das Potential des Dorfs erkannt und kurzerhand einen schicken Wanderpfad gebaut, der sich, immer am Falaj entlang, den Hang hinauf windet, bis zur Quelle. Am Wegrand blühen Aprikosenbäume. Oben angekommen sehen wir, wo das Wasser herkommt, das uns im Wadi Al Abyad begegnet ist. Man muss zwar in einen schmalen Tunnel krabbeln, um die Quelle zu Gesicht zu bekommen, aber das ist es uns wert. Auch die Aussicht über das geologische Fenster des Jebel Akhdar, kann sich sehen lassen. Der Talkessel ist ein erosives Fenster, durch das man bis ins Präkambrium schauen kann. Zurück in der Gegenwart richtet sich unser Interesse auf die verschiedenen Feldfrüchte, die in Oasen wie Wakena produziert werden. Wir sehen Obstbäume von Feigen, Granatäpfeln, Pfirsichen und den bereits erwähnten Aprikosen. Nicht wegzudenken sind die allgegenwärtigen Dattelpalmen, aber man begegnet auch weniger Offensichtlichem wie Weinreben, Agaven, Brautmyrte und klassischem Gemüse wie Zwiebeln oder Gurken. Es fällt auf, dass viele der terrassierten Felder verlassen sind. Liegt es an der Landflucht, unter der die Bergdörfer leiden oder sind es die sich stetig leerenden Aquifere? Es scheint, dass unsere Gruppe junger Wissenschaftler immer wieder auf potentielle Forschungsfragen stößt, die einige Relevanz besitzen und nur darauf warten von jemandem beantwortet zu werden.

© Valeska DeckerShua ist ein traditionelles omanisches Gericht, bei dem das Fleisch, eingeschlagen in mehrere Lagen Bananenblätter und einen Jutesack, für 24 Stunden in einem Erdloch gegart wird.
Copyright: Valeska Decker

Nach einigen geologischen Stopps um die Mittagszeit, kehren wir am Abend zum Thema Landwirtschaft zurück. Wir schlagen die Zelte auf einer Farm in der Küstenebene auf, die einem befreundeten Omani gehört und hier geraten wir in einen Zwiespalt. Es gibt Platz für die Zelte, ein Badezimmer und einen Swimming Pool zur freien Verfügung und am Abend wird für uns Shua zubereitet. Das traditionelle omanische Gericht ist aufwendig herzustellen: Das Fleisch, in diesem Fall Ziege, wird zerteilt, gewürzt und in mehrere Lagen aus Bananenblättern und Jutebeuteln eingeschlagen. Gegart wird das Gericht in einem durch Feuer erhitzten Erdloch, worin es für 24 Stunden lagert. Unsere Gastgeber übertreffen sich also selbst in puncto Herzlichkeit und für uns könnte der Aufenthalt eine ausschließlich freudige Erfahrung sein. Ist er aber nicht und das liegt an den Eindrücken, die wir bei einer Führung erhalten.

© Michaela FalkenrothZwei Welten: Swimming Pool und Gastarbeiter auf der Farm.
Copyright: Michaela Falkenroth

Die Farm ist ein Miniatur-Urwald inmitten einer staubigen Ebene. Wo der Geländewagen eben noch Sand aufgewirbelt hat, stehen plötzlich Bäume auf saftigen Wiesen und die Luft ist voller Insekten. Angebaut werden diverse Obstsorten aber hauptsächlich bewässerungsintensive Tomaten. Private Brunnen saugen stetig das Wasser aus dem Aquifer, die Sprinkleranlagen laufen auf Hochtouren. Wasser kostet nichts, abgesehen von der Zukunft. Wenn der Brunnen plötzlich weniger Wasser speit, wird eben tiefer gebohrt. Neben der Tomatenproduktion werden auch diverse Tiere gehalten, darunter Ziegen, Schafe, Rinder und Geflügel. Sowohl Milch als auch Fleisch stehen auf der Liste der Erzeugnisse. Die Bewirtschaftung der Felder und die Versorgung der Tiere laufen größtenteils manuell ab, die notwendigen Arbeitskräfte sind Gastarbeiter aus Pakistan und Bangladesch. Während unsere Exkursionsgruppe ausgelassen im Pool planscht, neigt sich der Arbeitstag auf der Farm dem Ende und die Arbeiter kehren in ihre Unterbringungen ein. Hier treffen zwei Menschengruppen aufeinander, die unterschiedlicher kaum behandelt werden könnten. Die Gastarbeiter im Oman kommen häufig aus Verzweiflung und bleiben, weil ihre Familien in der Heimat von ihrem Gehalt abhängig sind, nicht selten kommt es in den Arbeitsverhältnissen zu Ausbeutung. Im fernen Deutschland wird man kaum mit solchen Verhältnissen konfrontiert und deshalb ist die Erfahrung, die wir heute machen, gleichzeitig wertvoll und schwierig. Das Essen, der Pool, die ausgelassene Stimmung, all das kommt gemeinsam mit einer Lektion daher. Eine Lektion über die Welt und ihr Unrecht, die wir bestimmt nicht so schnell vergessen werden.

Ma’a Salama

Michaela

Heute auf der Speisekarte: Geologen im Erdmantel

5.- 6. März 2019

Nach zwei Tagen voll Archäologie und Geschichte werden die Geologen der Gruppe langsam nervös: Zu lange keine Steine gesehen. Bevor noch Unzufriedenheit aufkommt, gibt es heute Geologie satt auf einer spannenden Reise zum Mittelpunkt der Erde.
Die Topographie Omans wird durch eine entscheidende Struktur geprägt: die Al Hajar Mountains. Die bis zu 3000 m hohe Bergkette verläuft im Norden des Landes von Musandam nach Rash al Hadd. Im Laufe unserer Reise haben wir die Berge bereits aus allen erdenklichen Winkeln gesehen, aber über ihre Entstehung haben wir noch nicht gesprochen und gerade die ist besonders interessant.

© Sabine KummerExkursionsteilnehmerInnen auf der Moho
Copyright: Sabine Kummer


Wenn zwei Kontinentalplatten kollidieren gibt es verschiedene Szenarien wie das ausgehen kann, als Faustregel kann man sich merken, dass die Platte mit der höheren Dichte unter die andere abtauchen wird. Dann kann man diese Faustregel für den Rest dieses Blogbeitrags vergessen, denn im Oman ist genau das nicht geschehen. Über einen mächtigen Stapel Grundgestein aus verschiedensten Sedimenten und Vulkaniten werden am Ende der Kreidezeit zwei Decken gelegt. Die eine Decke besteht aus Tiefsee-Sedimenten und die andere aus ozeanischer Kruste und Mantelgesteinen, aus Gesteinen also, die es nur sehr selten an die Oberfläche des Planeten schaffen. Unter Steineklopfern ist das Sultanat weltweit für diesen sogenannten Ophiolit-Komplex bekannt. Ignoriert man die berühmte Oberfläche und dringt tiefer zum Herzen des Gebirges vor, wird man eine Abfolge stratigraphischer Einheiten finden, die immer älter werden, bis man am präkambrischen Kern angekommen ist. Was klingt als könnte es nur mithilfe einer Bohrung erreicht werden, wird im Hajar Gebirge eher zu einer Jule Verne-artigen Unternehmung. Man schwingt sich einfach in ein Transportmittel, vorzugsweise einen Geländewagen, und fährt in einen der tiefen Canyons hinein, die die Erosion für uns geschaffen hat. Was am Fenster vorüberzieht ist die omanische Erdgeschichte.

Jetzt muss sich der Geologe nur noch die besten Stellen herauspicken. Eine davon ist ein Überbleibsel der globalen Vereisung im Präkambrium, die Snowball Earth genannt wird. Es handelt sich um einen 620 Mio. Jahre alten Diamiktit, überlagert von einem Dolomit. Auch dieser Aufschluss erfreut sich einiger internationaler Aufmerksamkeit. Am nächsten Halt wartet eine Winkeldiskordanz auf uns, 300 Mio. Jahre verschwinden in einem Hiatus zwischen präkambrischen und permischen Gesteinen. Auch die Perm/Trias Grenze ist nicht weit. Bei so viel geologischer Brisanz lässt man sich leicht zu einem disco(r)dance hinreißen, youtube-Video folgt…

© Michaela FalkenrothDas Wadi Al Abyad
Copyright: Michaela Falkenroth



Gecampt wird heute Nacht im Wadi Al Abyad, dem „weißen“ Wadi. Der Bedeutung dieses Namens gehen wir erst morgen auf den Grund. Heute wird erstmal dem Wadi selbst auf den Grund gegangen, gebadet und Kleidung gewaschen. Egal wie weiß dieser Fluss einmal war, jetzt ist er erstmal braun. Auch im Wadi Al Abyad lässt sich geologisches Sightseeing betreiben. Die Obduktion des Ophiolit-Komplexes hat nicht nur ozeanische Kruste an die Oberfläche geholt sondern auch Gesteine des Erdmantels und die Grenze dazwischen, die Moho. Auf unserer halbtägigen Wanderung kreuzen wir sie mehrere Male und können endlich all die Dinge tun, die man immer schonmal zwischen Erdmantel und Erdkruste tun wollte: Handstand, Schwimmen, Klettern… Dinge, die besser nicht im Internet landen sollten, die Möglichkeiten sind endlos.
Der Name „weißes“ Wadi kommt übrigens von Karbonatausfällungen, die die kiesigen Flusssedimente zementieren und weiße und blaue Pools bilden. Gute Nachricht: Das Baden vom Vorabend hat die Landschaft nicht nachhaltig beeinträchtigt. Was der Szenerie wirklich etwas schadet sind Berge von Plastikmüll, die die Besucher des Wadis überall herumliegen lassen. Das ruft nach einer großangelegten Müllsammelaktion wie sie für den Nachmittag geplant ist. Wenn man am Abend den großen Haufen Müll betrachtet, der jetzt nicht mehr das Wadi verunziert, schmeckt das Essen gleich doppelt so gut.

Guten Appetit
Michaela

Ein mystischer Ort

3.- 4. März 2019

© Michaela FalkenrothAuf verschlungenen Pfaden in der Bergoase unterwegs
Copyright: Michaela Falkenroth

Seit Samstag steht unser Camp am Fuße eines seltsam geformten Bergs namens Jebel Hamis. Wir befinden uns genau an der Grenze zwischen Wüste und Gebirge, eine Grenze, die für die Menschen des Landes von großer Bedeutung ist oder war. Wir wählen diesen Campingplatz wegen eines großen grauen Felsens, der hier in der Landschaft herumliegt. Das Augenverdrehen à la „jaja die Geologen wieder“ könnt ihr euch sparen, denn der große, graue Fels hat ein gut gehütetes Geheimnis, das sich erst bei Dunkelheit offenbart.

Bevor wir das Geheimnis lüften, sollten wir aber die Menschen auf beiden Seiten unserer Grenze besser kennenlernen. Den Beduinen der Wüste sind wir bereits in den Wahiba Sands begegnet. Sie bewohnen das unwirkliche Land seit jeher als Nomaden, leben in Zelten und Hütten und ziehen mit ihren Kamelen von Ort zu Ort auf der Suche nach Wasser. Heutzutage sieht man einen Bedu eher in einem Toyota Pickup als auf einem Kamel und Kameltouren und Souvenirs für Touristen sichern einen nicht unerheblichen Teil des beduinischen Lebensunterhalts.
Auch das Nomadentum ist nicht mehr unbedingt notwendig in Zeiten von Wassertanks und Trucks, die das kostbare Nass bis vor die Haustür fahren. Trotzdem sind die Wüstenbewohner leicht von anderen Omanis zu unterscheiden, denn sie tragen andere Kopfbedeckungen und andere Kleidung. Es gibt noch einen weiteren Unterschied, der besonders ins Auge springt: Beduinen sind arm in einem reichen Land. Oder zumindest sehen ihre Dörfer in den Augen von Außenstehenden ärmer aus als andere. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass Reichtum nicht immer gleichbedeutend ist mit materiellem Besitz. Braucht man ein schmuckes, palastartiges Haus, wenn man die Wüste Heimat nennt? Es ist möglich, dass derjenigen, der den Beduinen „arm“ nennt ihn aus der falschen Perspektive betrachtet.
Dem Wüstenvolk gegenüber stehen die Menschen aus den Bergen. Sie leben in einer vollkommen anderen Welt. Ihre Welt ist grün statt gelb, feucht und nicht trocken. Schon früh entwickeln sie ein ausgeklügeltes System namens Falaj, um das Wasser der Berge optimal zu nutzen und verwandeln ganze Berghänge in saftige Oasen in denen Mangos, Bananen, Papayas, Datteln und Hirse gedeihen.

Unser Tag beginnt auf dem Souq (dem Markt) in Nizwah, wo wir uns mit den Erzeugnissen der Bergoasen eindecken können. Fast niemand verlässt den Dattel-Souq ohne zwei Kilogramm Extragepäck. Den Gestank des Fisch-Souqs lassen wir dagegen gerne dort. In der Bergoase Misfah al Abrien werfen wir einen Blick auf den Ursprung der süßen Früchte. Man fühlt sich ein bisschen wie auf einem Rundgang im Paradies auf den verschlungenen Wegen zwischen künstlichen Wasserläufen und Palmen. Weniger paradiesisch, aber ebenso spannend ist die verlassene Altstadt von Al Hamra. Die Lehmbehausungen sind steingewordene Opfer der rasanten Modernisierung des Omans. Der kühlende Effekt des ungebrannten Lehms wurde obsolet mit dem Einzug der Klimaanlagen und die Menschen überließen ihr bisheriges Heim dem Verfall. Der alte Souq wirkt vertraut, sogar das handgemalte Pepsi-Schild hängt noch an der Wand. In den Ruinen findet man alles von der toten Katze bis hin zum naturwissenschaftlichen Lehrbuch. Es drängt sich die Frage auf, ob es richtig ist die alte Stadt sich selbst zu überlassen. Für die Omanis ist sie wohl das Symbol einer beschwerlichen Vergangenheit, die es hinter sich zu lassen gilt.

© Michaela FalkenrothDer alte Souq - das handgemalte Pepsi-Schild hängt noch an der Wand
Copyright: Michaela Falkenroth

Zurück zu unserem großen grauen Stein, auch Coleman’s Rock genannt. Er markiert eine Grenze zweier Kulturen, die eine reich, die andere „arm“, die eine sesshaft, die andere nomadisch, die einen leben von fruchtbaren Oasen, die anderen von Kamelen und Ziegen. Beide Kulturen sind alt, vielleicht gab es sie schon vor dem Islam in diesem Land. Haben sie untereinander Handel getrieben? Standen sie sich feindlich oder freundlich gegenüber? Solche Fragen sind schwer zu beantworten. Dass sie einander kannten ist aber wahrscheinlich. Tritt man bei Dunkelheit an den Fuß des Coleman‘s Rock und beleuchtet ihn von schräg unten mit der Taschenlampe, setzt sofort der Feuerwerk-Effekt ein. Jede Gruppe, die hier steht, verkündet ihr Erstaunen mit „Ohs“ und „Ahs“, wenn die riesigen Figuren auf dem Stein sichtbar werden. Auf beiden Seiten sind Gesichter eingemeißelt, die deutliche Ähnlichkeit mit den Menschen auf der jeweiligen Seite zeigen. Eine barbusige Frau sagt deutlich: Diese Kunst ist präislamisch. Plötzlich wird der große graue Stein zu einem Ort mit mystischer Aura, das Stonehenge Arabiens gewissermaßen. Welchen Zweck erfüllten die Figuren? Stehen wir am Ende vor einer jahrtausendealten Grenzmarkierung?

Mit dem Lehmfort in Bahla und den Bienenkorbgräbern geht es am Montag weiter mit Zeitzeugen omanischer Geschichte, bevor es uns auf den höchsten Berg des Landes zieht. Am Abend kehren wir zurück zu Coleman’s Rock. Wenn er sprechen könnte, wie viele Geschichten würde er uns erzählen? Vielleicht wird seine Vergangenheit niemals entschlüsselt.

© Michaela FalkenrothDie ersten Jecken am Coleman's Rock
Copyright: Michaela Falkenroth


Heute Nacht spielen sich hier aber Szenen ab, die der altehrwürdige Fels sicher noch nicht kennt: kostümierte Jecken, die zu Karnevalsmusik ums Feuer tanzen und mit Kamelle schmeißen. Es ist immerhin Rosenmontag und wir sind wahrhaft multikulturell. Beduinen, Oasenvolk und Jecken geben sich am großen grauen Stein die Klinke in die Hand und so zerbröselt der Keks nunmal.

Ma’a Salama
Michaela

Die Wahiba Sands oder wie das Wort „imposant“ eine neue Bedeutung bekam…

2. März 2019

Diese Exkursion hat definitiv mehr als einen landschaftlichen Höhepunkt. Die Sandwüste Wahiba Sands gehört sicherlich auch dazu. Kilometerweit erstreckt sich ein Meer aus roten und gelben Sandkörnern in alle Himmelsrichtungen. Mit dem Geländewagen schwimmt man auf dem Untergrund, es ziehen Kamele vorüber und der Wind malt surreale Formen und gigantische Dünen in die Landschaft. Für uns als Mitteleuropäer ist eine solche Umgebung fremd und faszinierend und so fiebern wir ihr alle entgegen. Doch es kommt immer anders und selten wie geplant.

© Michaela FalkenrothKamelreiten in der Sandwüste Wahiba Sands
Copyright: Michaela Falkenroth



Ein Tipp meinerseits: Sollte euch jemals ein Beduine mit den Worten begrüßen: „Don`t go in, it`s too much air (Anm.d.V. air = wind)!“ hört auf ihn. Bei allen Sandkörnern in der Wüste, hört auf den Mann!
Ich bin nicht zum ersten Mal in den Wahiba Sands, deshalb fällt mir der Unterschied vielleicht deutlicher auf als den anderen, aber jedem von uns ist schnell klar: Das hier wird interessant. Der Himmel ist nicht blau sondern grau von Staub. Der Sand knistert wütend auf dem Lack des Geländewagens. Beim Fahren sehe ich so wenig, dass mein innerer Deutscher die Nebelschlussleuchte aktivieren möchte. Wenn man aus dem Wagen steigt schluckt man erstmal eine Handvoll Sand, jetzt, zwei Tage später, knirscht es immer noch zwischen den Zähnen. Die Wüste ist wirklich imPoSand, keine Frage. Natürlich könnte die Studentenschar auf diese Wetterbedingungen mit Jammern reagieren, die Alternative ist sich einfach vier Lagen Schal um die wichtigsten Körperöffnungen zu wickeln und auf die nächstbeste Düne zu klettern. Wir wählen einstimmig Option zwei. Selbst als es später dunkel wird, der Wind zunimmt, das Abendessen sich wegen erhöhtem Sedimenteintrag verzögert und wir als eine Gruppe Vermummter im Stuhlkreis sitzen, ist die Moral ungebrochen. Wir drehen kurzerhand den Beat auf und tanzen es weg. Großes Plus: Wenn genug Sand in der Luft ist, wird aus Kopflampen eine 1A Lasershow. Geil. Bester Club der Stadt.

© Michaela FalkenrothKaffee und Datteln im Beduinenzelt
Copyright: Michaela Falkenroth


Obwohl die Gruppe für ihr Durchhaltevermögen ein dickes Lob verdient hat, bleibt das fachliche (wie auch der Blog) in dem Sandsturm etwas auf der Strecke. Erst am nächsten Tag, der uns windstill und mit klarem Himmel begrüßt, geht es weiter. Wir erfahren unter Anderem wo der ganze Sand eigentlich herkommt und was die Wahiba Sands als Wüste so besonders macht. Zum Abschied kehren wir noch bei den Beduinen für Kaffee, Datteln und einen Kamelritt für jeden ein, der möchte.
Am Sonntag müssen zwei Dinge dringend erledigt werden: 1. Müssen wir eine weite Strecke zurücklegen, von der Wüste zurück in die Berge. 2. Müssen wir dringend baden, denn der Sand ist wirklich ÜBERALL. Zum Glück haben wir bereits gelernt, wo man in der Wüste Wasser findet und im Oman ist das nächste Wadi-Paradies nie weit. Den meisten von uns wäre vermutlich ein schlichter Eimer voll Wasser himmlisch vorgekommen, aber der Oman macht keine halben Sachen.

© Michaela FalkenrothFelszeichnungen im Wadi Dam
Copyright: Michaela Falkenroth


Die natürlichen Gesteinspools im Wadi Dam sind nicht nur erfrischend sondern auch (mal wieder) wunderschön. Gleichzeitig bietet das Wadi eine perfekte Einleitung für die nächsten Tage, die thematisch im Zeichen der anthropogenen Besiedlung des Landes stehen. Die grauen Felsen sind an zahlreichen Stellen mit Felsritzungen unserer Vorfahren bedeckt. Das macht Lust auf mehr und mit den letzten Sandkörnern treibt auch die gedämpfte Stimmung im Fluss davon.

Ma’a Salama
Michaela

Zeitreise auf geologisch

1. März 2019

© Michaela FalkenrothEine heiße, staubige Sabkha - der perfekte Ort, um Löcher zu graben!
Copyright: Michaela Falkenroth

Der Mensch neigt dazu die Erdoberfläche, auf der er geht, als Fixpunkt anzusehen. Erst in der geowissenschaftlichen Ausbildung lernen wir, dass die Oberfläche, die wir heute beobachten nur eine Momentaufnahme in einem dynamischen System ist, wie ein Screenshot in einem vier Milliarden Jahre langen Film. Wir lernen auch, dass bestimmte Orte auf diesem Planeten das Potential haben vergangene Oberflächen zu archivieren, also die Screenshots zu speichern. Schließlich üben wir uns darin die Archive, die uns gegeben werden zu decodieren, denn das System Erde speichert seine Screenshots verschlüsselt in Gestein.

Haben wir das alles einmal gemeistert tut sich uns eine großartige Fähigkeit auf und zwar mit dem Spaten in die Vergangenheit zu reisen. Abrakadabra!

Eine solche Reise unternehmen wir am Freitag und sie beginnt mit einer Sabkha. Eine Sabkha (gesprochen: Sabcha) ist ein flaches Meer aus Staub und Sand, über dem die Hitze die Luft zum flimmern bringt. Schatten gibt es keinen, aber dafür eine salzige Kruste und feinkörniges Sediment,das an der Schaufel klebt und furchtbar nach Organik stinkt.

© Michaela FalkenrothAufwärmübungen für die Zeitreise mit dem Spaten
Copyright: Michaela Falkenroth

Kurz gesagt: der perfekte Ort um einen halben Tag lang zwei Meter tiefe Löcher zu graben.

Das Buddeln allein ist schon eine Lektion für sich. Das Ergebnis braucht nicht nur eine gewisse Tiefe sondern auch eine glatte Wand, um die Vergangenheit in Form eines Sedimentprofils zu studieren und sogar Stufen, damit der fleißige Lochgenieur nicht am Ende in seiner eigenen Grube gefangen ist. Aber warum genau machen wir das eigentlich?

Während des Quartärs unterlag das Klima des Planeten Schwankungen, mal war es feucht und warm, mal kalt und trocken. Auch die Arabische Halbinsel bekam diese Veränderungen zu spüren. Seeablagerungen in der Rhub al Khali, Tropfsteine in heutzutage ausgetrockneten Höhlen, uralte Flußsysteme, sie alle zeigen uns, dass die Wüste feuchtere Phasen erlebt haben muss. Aber wie sahen diese Phasen aus? Wann fanden sie statt? Über wie viel Niederschlag sprechen wir? Wie lange hielten diese Phasen an und was hat eigentlich der Meeresspiegel in der Zwischenzeit getrieben?

© Michaela FalkenrothSondierung mit dem Edelmannbohrer
Copyright: Michaela Falkenroth

Eine Möglichkeit solche Fragen zu beantworten sind Paläomangroven. Die einzige Möglichkeit in quartäre Paläomangroven-Wälder zu reisen sind Löcher in Sabkhas zu graben, tiefe Löcher, mit Blut, Schweiß und Tränen UND Spaß, denn schmutzig wird man auch wieder und man lernt auch etwas dabei.

Noch dazu haben wir unsere Valeska sehr glücklich gemacht. Valeskas Promotionsthema sind nämlich Paläomangroven und mit etwas Zeit begegnen wir den Proben, die wir heute ausgegraben haben, vielleicht in Form einer wissenschaftlichen Publikation wieder. Ich würde sagen, wir haben uns einen Platz in der Danksagung verdient!

Bei unserer Reise in die Vergangenheit finden wir noch etwas anderes als Mangrovenwälder oder sollte ich sagen jemand anderes!? Es gab Menschen, die die Oberflächen, die wir jetzt mühsam ausgraben müssen, mit eigenen Augen gesehen haben. Sie waren anders als wir und doch gleich:

© Michaela FalkenrothDas Ergebnis kann sich sehen lassen! Die Doktoranden natürlich im Loch
Copyright: Michaela Falkenroth

Anders, denn sie lebten als Jäger und Sammler in dieser Gegend und gleich, denn sie haben auch schon ihren Verpackungsmüll in die Landschaft geworfen. Diesen Müll können wir heute sehen: Es sind meterdicke Anhäufungen von Muschel- und Schneckenschalen, alle aufgebrochen, alle verzehrt von unseren Vorfahren und auf einem sogenannten shell midden entsorgt.

Haben diese Menschen oder ihre Vorfahren die klimatisch feuchten Phasen des Quartärs genutzt, um von Afrika auf die Arabische Halbinsel einzuwandern? Um diese Frage zu beantworten müssen wir mehr über ihre Zeit erfahren. Heute haben wir mit Schaufel und Muskelkraft den Anfang gemacht und jetzt fahren wir gen Süden. Die Sandwüste ruft!


Ma’a Salama
Michaela


Der indische Ozean: Fluch und Segen für den Oman

28. Februar 2019

Am Strand von Fins lässt sich hin und wieder ein besonderes Phänomen beobachten: Meeresleuchten. Der Schaum einer brechenden Welle glänzt dann unheimlich grün und glühwürmchenartige Pünktchen werden auf den Sand gespült. Was klingt wie Seemannsgarn ist tatsächlich Biolumineszenz, also eine Lichtemission mariner Organismen, Dinoflagellaten in diesem Fall. Trotz naturwissenschaftlicher Nüchternheit bleibt das Schauspiel zauberhaft. Das Meer verübt eine geheimnisvolle Anziehung auf den Menschen, es ist Lebensgrundlage und Gefahr, direkt vor unserer Nase und doch unerforscht. Der heutige Exkursionstag steht ganz im Zeichen der See und ihrer Bedeutung für den Oman.

© Michaela FalkenrothEin pelziger Tsunami überrollt die fleißigen ZuhörerInnen.
Copyright: Michaela Falkenroth

Das Sultanat Oman ist eine Küstennation. Seit jeher lebt der Mensch hier auf einem schmalen Streifen entlang des Meeres. Global gesehen ist das nicht unbedingt eine Besonderheit, viele Nationen haben ihre Ballungszentren in Ozeannähe. Auf der Arabischen Halbinsel wird der Effekt noch weiter durch eine lebensfeindliche Einöde verstärkt, die das gesamte Zentrum bedeckt: Die Rhub al Khali oder treffend „Empty Quarter“ genannt. Der Mensch siedelt also am Meer. Wo an anderen Küsten vielleicht fruchtbare Ebenen liegen, findet man an der omanischen Küste nur noch mehr Wüste, keine Böden und kaum Süßwasser, schlechte Voraussetzung für die Landwirtschaft. Vor der Küste hingegen befindet sich eine upwelling Zone, die nähstoffreiche Tiefenwässer an die Meeresoberfläche fördert und damit ein arten- und individuenreiches Ökosystem ernährt. Ein Ökosystem, das nur darauf wartet vom Menschen genutzt zu werden. Wenn das Camp morgens aufsteht, so gegen 6 Uhr, ist häufig ein bestimmtes Geräusch zu hören. Es ist das rhythmische Klatschen von Speed-Booten, die mit hoher Geschwindigkeit über die Wellen fliegen. Wahre Schwärme von Fischern verlassen am Morgen die Strände und rücken mit Netzen und Spießen den Meeresbewohnern zu Leibe. Oman ist auch eine Fischereination.

Fisch allein macht aber noch keine gute Mahlzeit. Auf dem omanischen Teller liegt noch etwas anderes in Mengen, nämlich Reis, gerne zu jeder Tageszeit. Die wasserliebenden Stängel gedeihen sicher nicht auf heimischem Boden, sondern müssen importiert werden und damit sind wir im Kern der omanischen Kultur. Oman ist eine Handelsnation. Schon früh bauen die Menschen hier Schiffe mit denen sie Handelsrouten nach Indien und Afrika befahren und damit reich werden. Exportiert wird Weihrauch, importiert wird alles andere, auch Holz für den Schiffsbau.
Bevor wir in Sur eine traditionelle Dau-Werft besichtigen, beschäftigt uns noch die Kehrseite der maritimen Medaille. Das Meer stellt auch eine Bedrohung für den Menschen dar.
Wer jemals mit Gösta im Oman war, hat mit Sicherheit den Hinweis erhalten an der Küste stets „in Fluchtrichtung“ zu parken, Kofferraum seewärts. Warum? Weil die Küste des Omans tsunamigen ist. Tsunamis können sowohl von Erdbeben in der Makransubduktionszone als auch von subaquatischen Hangrutschen ausgelöst werden.

Die Ergebnisse einer solchen Welle zeigen sich an mehreren Aufschlüssen des Tages. Tonnenschwere Felsen wurden von ihrem Ursprungsort entfernt und ins Landesinnere befördert, dezimeterdicke Ablagerungen von Muscheln aus dem offenen Ozean befinden sich plötzlich in einer Lagune. Man mag sich die Auswirkungen eines solchen Extremwellen-Ereignisses auf die moderne Infrastruktur kaum vorstellen. Die omanische Regierung sieht das ganze etwas gelassener. Zwar wurde nach den Ereignissen 2004 ein Tsunami-Frühwarnsystem eingerichtet, aber was geschehen soll, wenn der Ernstfall wirklich eintritt, steht in den Sternen.

© Michaela FalkenrothKofferraum-Karneval am Strand von Rash al Hadd.
Copyright: Michaela Falkenroth

Am Aufschluss mit den Megabouldern wird unsere Gruppe selbst von einem haarigen Tsunami überrascht, die Ziegen lassen sich genauso wenig aus der Ruhe bringen wie die omanischen Entscheidungsträger. Es wird schon keinen Tsunami geben, inschallah.

Unser Camp steht am Strand von Rash al Hadd, der vor allem wegen brütender Meeresschildkröten bekannt ist. Heute Abend geht es hier etwas anders zu. Ein nicht unerheblicher Sturm hat unsere Gruppe in die Kofferräume der Geländewägen getrieben. Feiner Sand, der permanent versucht in alle möglichen Körperöffnungen zu kriechen, kann einem normalen Camper vielleicht die Laune verderben, aber nicht den Rheinischen Jecken. Dass Weiberfastnacht ist, haben wir nicht vergessen und die Kofferraum-Parties sehen sogar recht gemütlich aus. Nun denn…

Kölle Alaaf…
Michaela

Eintauchen in aktuelle Forschung

27. Februar 2019

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Dieser Satz ist in den Naturwissenschaften genauso wahr wie in jedem anderen Kontext, weshalb die Qualität der Abbildungen in einer Veröffentlichung häufig über Lesen oder Nichtlesen entscheidet. Hinter uns Exkursionsteilnehmern liegt ein wahrhaft bildgewaltiger Tag, vielleicht sogar der landschaftliche Höhepunkt der Exkursion, deshalb will ich mich heute etwas kürzer fassen und lieber den Fotos mehr Raum geben. Also nur so viel:
Mit der Ankunft in Fins am vergangenen Abend sind wir mitten im Arbeitsgebiet der AG Umweltgeologie in Bonn gelandet. Der Küstenabschnitt beheimatet ein Set mariner Terrassen wie aus dem Lehrbuch, einen Karstkomplex in dessen Höhlen man den Kölner Dom bequem unterbringen könnte, archäologische Fundstätten des Neolithikums und das Wadi Shab.

© Michaela FalkenrothDer tiefe Canyon gewährt Einblicke in ein beeindruckendes Karstsystem.
Copyright: Michaela Falkenroth

© Michaela FalkenrothEin unerwarteter Mitfahrer genießt die Aussicht.
Copyright: Michaela Falkenroth



Das Wadi Shab steht wohl ganz oben auf der to-do Liste eines jeden Omanreisenden. Auf den meisten dieser Listen erscheint es wohl wegen seiner unglaublichen Schönheit. Auf unserer Liste steht das Wadi einerseits, weil sich hier traditioneller Anbau von Lebensmitteln in der Wüste bestaunen lässt, die hängenden Gärten und Bewässerungssysteme funktionieren heute noch wie vor hundert Jahren. Andererseits bietet der tiefe Canyon Einblick in das Karstsystem, dass sich die AG grade als neues Forschungsobjekt vorgenommen hat. Die unglaubliche Schönheit und die Tatsache, dass sich hier ganz hervorragend Baden lässt, spielen natürlich nur eine untergeordnete Rolle, wir sind ja nicht im Urlaub hier.

© Michaela FalkenrothMächtige Kalksteine im Wadi Shab
Copyright: Michaela Falkenroth


Nach einem Vormittag voller Wandern, Klettern, Schwimmen, Tauchen und unglaubliche Schönheit Bestaunen, geht es weiter zur Pediküre in einer nahegelegenen Doline. Ja ihr habt richtig gelesen: Pediküre. Na klar, geologisch ist das Bimmah Sinkhole auch spannend, aber gekichert und gequietscht wird erst, wenn man die Füße ins Wasser steckt und die kleinen Fische ihr Festmahl beginnen.

© Michaela FalkenrothFischpediküre in der Doline - das Bimmah Sinkhole hat mehr zu bieten als spannende Geologie!
Copyright: Michaela Falkenroth


Nach dem Karstkomplex lernen wir noch wie wir zementierte Strandablagerungen als Meeresspiegelindikator nutzen und warum sich unsere Terrassenlandschaft hervorragend für diese Forschung eignet, bevor wir zum Abschluss neolithische Pfeilspitzen sammeln gehen. Ich weiß ja nicht was ihr heute so gemacht habt, aber unser Tag ist schwer zu überbieten.

Ma’a Salama
Michaela

In der Wüste Wasser suchen

26. Februar 2019

© Nils ChudallaCampalltag. Mit dem Abschied vom modernen Maskat, kommt auch der Abschied von Hotelbetten, Steckdosen und Badezimmern.
Copyright: Nils Chudalla

Willkommen im Camp. Mit dem Abschied vom modernen Maskat, kommt auch der Abschied von Hotelbetten, Steckdosen und Badezimmern. Was manch einem vielleicht schwer fiele, gelingt uns ganz leicht. Die Isomatte am Strand, am Himmel die Milchstraße und Meeresrauschen im Ohr schlagen jedes Hotelbett und Handys störten nur die Lagerfeuerromantik. Dank fleißiger Lieferung aus der Heimat gibt es sogar frischen Kaffee zum Sonnenaufgang – das Leben auf der ABC/J-Exkursion ist hart…
Wer Maskat verlässt und in die omanische „Wildnis“ aufbricht wird schnell einige Änderungen bemerken. In den kleiner werdenden Siedlungen bestimmen Ziegen das Bild und keine grell beleuchteten Shops. Die Frauen auf den Straßen sind plötzlich traditionell bunt gewandet und nicht mehr einheitlich in schwarz. Die enge Fahrbahn mäandriert jetzt durch tiefe Schluchten und über steile Hügelkuppen.

Am deutlichsten ist aber eine Veränderung: Die Landschaft ist nicht mehr feucht und grün, sondern karg. Die staubigen Hügelketten sind gesprenkelt mit krautiger Vegetation, die sich mit ihren stacheligen Ästchen stur gegen die Ziegen zur Wehr setzt und unschuldigen, wild-pinkelnden Studenten die Waden zerkratzt. Dass der Oman eine Wüste, also eine Gegend mit weniger als 250 mm Niederschlag im Jahr ist, drängt sich auf diese Weise zurück ins Bewusstsein. Dem omanischen Stadtbewohner ist diese Information unter Umständen neu. Zahllose Bewässerungssysteme haben Maskat in eine künstliche Oase verwandelt, zu einem hohen Preis. Die Aquifere des Landes werden geplündert. Der kostbare Rohstoff verdunstet auf den Rasenflächen und Blumenbeeten oder wird zur täglichen Autowäsche genutzt, denn es ist per Gesetz verboten in Maskat ein staubiges Fahrzeug zu fahren. Entsalzungsanlagen verwandeln Öl in Süßwasser, nachhaltig ist das nicht.

Es fehlt an Forschung zu den Aquiferen des Landes, zur fortschreitenden Salzwasserintrusion und zur Hydrogeochemie, ein Punkt an dem der Bereich Geologie der Universität Bonn gerade ansetzt. Noch stehen sie aber ganz am Anfang und unerwartet allein auf weiter Flur. Während das Sultanat sich sehr wohl bewusst ist, dass Öl und Gas wertvoll sind, scheint dieses Bewusstsein beim Wasser weitestgehend zu fehlen.

© Michaela FalkenrothMangroven geben nicht nur Aufschluss über das rezente Klima, sondern auch über vergangene Meeresspiegelschwankungen und Klimaveränderungen.
Copyright: Michaela Falkenroth

Um Wasser geht es auch am heutigen Exkursionstag. Am Vormittag führt er uns in ein besonderes Ökosystem, das im Intertidal zwischen Süß- und Salzwassermilieu angesiedelt ist. Omans Mangroven sind sichtbar gestresst, nur eine einzige Art hat in wenigen Lagunen überlebt. Sie ist besonders tolerant gegenüber hohen Salzgehalten, denn der Süßwassereintrag ist begrenzt in dem ariden Land. Mangroven geben nicht nur Aufschluss über das rezente Klima, sondern auch über vergangene Meeresspiegelschwankungen und Klimaveränderungen. Neben dem Forschungsinteresse bieten Mangroven außerdem die Gelegenheit einmal ausgiebig im Schlamm zu wühlen. Etwas dass im Grunde jedem Menschen Freude macht, aber die Geologen geben auch zu: schmutzig werden ist prima.

Am Nachmittag rückt das Süßwasser zurück ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Der Wadi Dayka Damm ist ein Großprojekt des lokalen Wassermanagements. Durch das Aufstauen sollen die Infiltration gefördert und oberflächennahe Aquifere aufgefüllt werden. Der Damm ist außerdem ein strategischer Notfallplan. Die Abhängigkeit des Landes von seinen Entsalzungsanlagen, die immerhin 85% des Wasserverbrauchs decken, wird von der Regierung als wunder Punkt wahrgenommen, deshalb verbindet eine Pipeline den Staudamm direkt mit Maskat.

© Nils ChudallaDas Camp der ExkursionsteilnehmerInnen am Strand von Fins.
Copyright: Nils Chudalla


Als wir den Wadi Dayka Damm verlassen, bleibt ein fader Beigeschmack zurück. Ausgedehnte Grünanlagen, frisch gewaschene Autos, offene Falaj-Systeme, Rasensprenkler…
sie alle sehen plötzlich etwas deplatziert aus. Lange Zeit zum Grübeln bleibt uns aber nicht. Es geht weiter “offroad“ durch Flussläufe und über verschlungene Schotterpisten durch die Berge zurück ans Meer. Das Camp wartet schon auf uns am Strand von Fins. Beim Zähneputzen fallen einige Tropfen Süßwasser auf den Sand und kommen mir nach dem heutigen Tag wie ein großer Verlust vor, ich denke, das geht uns allen so.

Ma’a Salama
Michaela

Gibt's im Oman eigentlich Cola?

25. Februar 2019

Über kulturelle Unterschiede und wo sie anders sind, als wir denken…

Ich habe einmal einen Exkursionsbericht gelesen, der mit den folgenden Worten begann: „Eines schönen Tages zogen 15 heitere Geologen aus, die Welt zu erkunden.“ Ungelogen. Ein solcher Einleitungssatz ist für einen wissenschaftlichen Bericht natürlich unpassend, aber zum Schmunzeln bringt er einen schon und da das hier kein wissenschaftlicher Bericht ist sondern ein Blog (Schmunzeln ausdrücklich erlaubt) beginne ich folgendermaßen:
Eines schönen Tages treffen sich 25 Menschen, einer kurzen Sondierung zufolge: 16 Geologen, 6 Geographen und 2 andere, die man unter Diverse verbuchen kann, vor dem East Inn Hotel in Maskat. Punkt 8 Uhr, fertig gepackt und verschnürt sieht man sie sich dort sammeln, denn die Exkursionsleitung ist von Hause aus ungeduldig. Dass die Exkursionsfahrzeuge erst um omani 8 Uhr eintreffen, war fast schon vorhersehbar. Die meisten von uns haben ihre ersten interkulturellen Erfahrungen bereits hinter sich.

Das East Inn versprüht einen plüschig, asiatischen Charme, in Taxis fehlen die Anschnallgurte und die omanische Währung, der Rial, besticht mit dem Gesicht des Sultans auf JEDEM Schein und einer verwirrenden Unterteilung in 1000 Baisa, nicht 100. Fun Fact: Es gibt weltweit nur sechs Währungen bei denen das so ist, das mit der 1000er Unterteilung, nicht die monopikturale Geldschein-Gestaltung. Ist monopiktural ein Wort? Falls nicht ist es hiermit kreiert… dankt mir später!
Um fair zu bleiben sieht man das Gesicht von Sultan Quaboos ibn Said wirklich überall. Fensterscheiben, Flaggen, Pappaufsteller, Werbeplakate, Banner an Einkaufszentren und Autoaufkleber sind im gleichen Rahmen bedruckt wie Banknoten. Keine autokratische Regierung ohne auch ein bisschen Herrscher-Kult. Im Falle des Omans ist dieser Kult aber keinesfalls erzwungen. Sultan Quaboos ist beliebt bei seinem Volk, auch wegen prestigeträchtiger Bauprojekte, ein Beispiel: die große Sultan Quaboos Moschee in Maskat, zufällig der erste Anlaufpunkt unserer Reise.

© Michaela FalkenrothDie Sultan Quaboos Moschee in Maskat. Die prunkvollen Gebetsräume und Anlagen bieten Platz für bis zu 20.000 Menschen.
Copyright: Michaela Falkenroth

Die Moschee befindet sich eingebettet in eine Parkanlage. Die prunkvollen Gebetsräume und Anlagen bieten beim Freitagsgebet 20.000 Gläubigen Platz oder gefühlt 20.000 Kreuzfahrt-Touristen, die man, wenn man Pech hat, mehr oder weniger züchtig verschleiert zwischen Carrara-Marmor, Blumen und arabischen Ornamenten herumstolpern sieht.
Von einem Zentrum der Religion geht es weiter in ein Zentrum der Bildung: Die GUtech (German University of Technology in Oman) steht unter der Schirmherrschaft der RWTH Aachen und soll nach deutschem Standard die nächste Generation omanischer Ingenieure, Architekten, und Wissenschaftler ausbilden. Ja auch Geowissenschaftler, die werden gebraucht in einem Land, dessen Reichtum ausschließlich auf der Förderung fossiler Brennstoffe beruht. An der GUtech werden wir mit der überraschenden Tatsache konfrontiert, dass 80 % der Studenten an dieser Universität weiblich sind, eine Quote von der MINT-Studiengänge in Deutschland nur träumen können. Natürlich bedeutet das nicht, dass der Oman ein Paradies der Gleichberechtigung ist, aber es zeigt doch, dass eine Kultur vielschichtiger ist als das Vorurteil des arabischen Landes, dem man in der Heimat leider so häufig begegnet.

Nachdem wir uns durch Maskats nervösen Verkehr geschlängelt haben, bietet sich am Aussichtspunkt hoch über Wadi al Kabir ein perfekter Platz um der Stadt bei ihrem unkontrollierten Wachstum zuzusehen. Aus dem urtümlichen Stadtkern am Meer wächst eine Metropole mit Malls und Highways und den Geschäftsvierteln weit entfernt von Wohnvierteln, sodass sich wahre Blechlawinen Tag für Tag über den Maskat Express Way quälen. Wir blicken auf eine Stadt in der Zufußgehen unmöglich ist und keine öffentlichen Verkehrsmittel existieren, in einem reichen Land, das seinen Bürgern einen Liter Sprit für 120 Baisa schenkt. Abgesehen vom eigenen Wildwuchern wird Maskat auch von verschiedenen Naturgefahren bedroht, wie die tropischen Zyklone Gonu und Phet eindrücklich unter Beweis gestellt haben. Infrastruktur im rechten Winkel zu den flashfloods, die sich bei Regen ihren Weg durch die Wadis bahnen, sind eben doch keine so gute Idee. Wie überall auf der Welt warten hier große Herausforderung auf die junge Generation, zum Glück gibt es viele junge Omanis: 50 % der Bevölkerung sind jünger als 25 Jahre. Hohe Investitionen in Bildung, wie am Beispiel GUtech deutlich zu sehen, lassen hoffen…

© Michaela FalkenrothDie erste Vorlesung mit Blick über Maskat im Wadi al Kabir.
Copyright: Michaela Falkenroth


Achja, wo wir hier stehen und die mega-Malls ansehen, fällt mir ein: Ja, Cola gibt es hier, auch Orangensaft! Alle Sorgen um die Erfüllung etwaiger Getränkewünsche sind unbegründet, Gott sei Dank oder sollte ich sagen al-Hamdu li-Llāh?

Damit begebe ich mich jetzt ans Lagerfeuer

Ma‘a Salama
Michaela

Und jährlich ruft die Wüste…

18. Februar 2019

© Michaela FalkenrothDie Doktorandin und Exkursionsteilnehmerin Michaela Falkenroth wird die Reise in das Sultanat Oman dieses Jahr auch schriftlich begleiten.
Copyright: Michaela Falkenroth

…diejenigen Studenten des ABCJ-Geoverbundes, die das Glück haben an der Exkursion in den Oman teilzunehmen. Glück, ein großes Wort, das im ersten Lesen vielleicht zu bedeutungsschwer erscheint, verwende ich aus gutem Grund. Der Oman ist ein Land, das bei vielen erstmal Fragezeichen hervorruft: „Wo liegt denn das?“ oder „Was macht man denn da?“, bekommt man als Oman-Reisende/r häufig zu hören. Es ist wahr, der internationale Ruf des Landes kommt eher unscheinbar daher.

Es gibt hier keine großen Konflikte, keine nervenaufreibenden Nachrichten und der Tourismus steckt noch in den Kinderschuhen, trotzdem oder vielleicht genau deswegen ist der Oman ein Land in das man sich leicht verlieben kann. Etwas, das mir vor drei Jahren passiert ist und seit dem ruft die Wüste nicht nur die ABC/J-Studenten alljährlich zu sich, sondern auch mich.

Ich bin, wenn ich mich an dieser Stelle kurz vorstellen darf, Doktorandin bei unserem Exkursions-Leiter Gösta Hoffmann und darf die Reise dieses Jahr schriftlich (und physisch!) begleiten. Den Oman habe ich im Rahmen meiner Masterarbeit 2016 zum ersten Mal besucht. Aus einer Masterarbeit wurde ein Promotionsprojekt und aus zwei Wochen am Strand in Finns wurden Monate, auch jetzt grade stecken meine Füße hier im Sand… sorry not sorry. (Der Wahrheit genüge getan muss man sagen, dass der indische Ozean sich grade sehr winterlich benimmt und uns ein gehöriger Wind um die Ohren pfeift, dennoch: Strand bleibt Strand und Strand ist vielem anderen vorzuziehen.)

Zurück zum Wesentlichen: Obwohl ich hier schon sitze, ist meine Vorfreude auf die ABC/J Exkursion nicht kleiner als die der anderen Teilnehmer, die vermutlich grade ihre Fahrt zum Flughafen planen und fleißig „letzte“ Besorgungen erledigen.

Der Oman hat nämlich viel mehr zu bieten als Strände, die man sehr viel zu sehen bekommt, wenn man sich beachrocks als Promotionsthema wählt. Auf uns wartet die viel gelobte arabische Gastfreundschaft, eine faszinierende Geschichte und reiche Kultur. Wir werden Landschaften sehen (und verstehen lernen), die einem vom Hinsehen Gänsehaut bereiten können.

Wir werden viel lernen, wenn wir über den Tellerrand unserer Fachbereiche hinausblicken und das ist eine Aussicht, die mit dem türkisblauen Ozean vor mir durchaus mithalten kann.

Ma’a Salama
Michaela


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